Kryptowährungen: Wertanlage oder Zockerei?
Auch 2019 war es für Inhaber von Kryptowährungen wieder eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle. Nachdem im Jahr 2017 die Kurse von Bitcoin & Co. explodierten, 2018 der Crash kam, gab es 2019 bis Ende Juni eine imposante Rallye, ehe die gehandelten Preise wieder bis Dezember in Richtung Süden tendierten. Im neuen Jahr gab es im Januar den erneuten Turnaround und der Kurs stieg wieder an. Es stellt sich die Frage: Sind diese extremen Volatilitäten ein normaler Prozess einer völlig neuen Wertanlage oder bleiben Kryptowährungen auch langfristig ein reines Zockerparadies ohne jegliche Wertstabilität?
Um diese Frage beantworten zu können, muss der Zweck der erschaffenen Kryptowährungen in den Vordergrund gestellt werden. Die Kryptowährung mit der deutlich größten Marktkapitalisierung ist der Bitcoin. Er wurde mit dem Ziel entwickelt, als globales Zahlungsmittel zu dienen. Folgende Punkte sind typische Merkmale eines Zahlungsmittels, die im Hinblick auf den Bitcoin zu analysieren sind:
- Staatliche Anerkennung als offizielles Zahlungsmittel: Als einziges wirtschaftlich bedeutendes Land hat Japan im Jahr 2017 den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel anerkannt. In den USA, der Eurozone oder China ist die Abneigung gegenüber der Kryptowährung sehr groß. Aus momentaner Sicht ist nicht zu erwarten, dass die Coins in den nächsten Jahren als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt werden. In Deutschland werden die Transaktionen mit Bitcoins als privates Veräußerungsgeschäft gesehen.
- Regulierte Märkte: Ein großes Problem stellt die fehlende staatliche Regulierung und Kontrolle der privaten Krypto-Börsen da. Die Folgen: Die organisierte Kriminalität benutzt den Bitcoin zur Geldwäsche, Trader versteuern ihre Gewinne nicht und sogenannte Bitcoin-Wale manipulieren den Kurs der Kryptowährung.
- Vertrauen bei der Bevölkerung einer Volkswirtschaft: Trotz des sinkenden Vertrauens in das Fiat-Geldsystem können die Kryptowährungen kaum davon profitieren. Es wird lieber Cash in Form von US-Dollar, Euro oder Yen gebunkert oder in Edelmetalle investiert, als in Bitcoin umzuschichten. Dies zeigt trotz der steigenden Bekanntheit von Bitcoin & Co., dass die meisten Bürger den virtuellen Token weiterhin misstrauen.
- Hohe Liquidität, das heißt hoher Streubesitz: Ein sehr wichtiger Punkt für die Preisstabilität ist der Streubesitz. Die 1.000 Bitcoin-Adressen mit den meisten Coins sollen zwischen 35 % und 40 % aller verfügbaren Bitcoins besitzen. Dies bedeutet eine enorme Konzentration und demensprechend eine große Gefahr für Kursmanipulationen. Laut einer Studie zweier Universitätsprofessoren in den USA soll der Hype 2017 sogar durch einen einzigen Bitcoin-Wal ausgelöst worden sein.
- Eine Volkswirtschaft mit seiner gesamten Arbeitskraft und Produktivität steht hinter der Währung: Solange die Bürger in der einer Volkswirtschaft für den Erhalt der jeweiligen Landeswährung arbeiten gehen und dabei reale Werte schaffen, hat diese Währung auch einen fundamentalen Wert. Dies bedeutet, wenn in der Eurozone die Menschen für Euros arbeiten gehen und damit Waren und Dienstleistungen produzieren, die einen Nutzen stiften und den Wohlstand erhöhen, dann hat der Euro auch einen inneren Wert. Bei Kryptowährungen ist diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Bei genauer Betrachtung des Bitcoins wird deutlich, dass die Kryptowährung die Voraussetzungen für ein Zahlungsmittel der Zukunft nicht erfüllt. Lediglich die Blockchain-Technologie, die hinter den Kryptowährungen steckt, hat großes Zukunftspotential in verschiedenen Wirtschaftssektoren. Wenn der ursprüngliche Zweck des Bitcoins nicht erreicht wird und kein fundamentaler Wert vorhanden ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass der Bitcoin weiterhin das „größte Casino der Welt“ bleibt. Adrenalin-Kick für Spekulanten ja, stabile Wertanlage nein.
Wer trotzdem in Kryptowährungen investieren, sich aber kein Wallett anlegen will, kann entweder Futures kaufen oder sein Geld in sog. ETPs (Exchange Traded Products), die teilweise auch ETNs (Exchange Traded Notes) genannt werden, investieren. Diese bilden weitgehend den Kurs einer Kryptowährung oder den Verlauf eines Korbes mit mehreren Kryptowährungen ab. Für Investoren, die die Zukunft eher in der Blockchain-Technologie sehen, sind verschiedene ETFs am Markt vorhanden, die auf die Aktien der entsprechend fokussierten Unternehmen setzen.