Bisherige Auswirkungen der Niedrigzinsphase auf das Spar- und Anlageverhalten der Deutschen

Anlage- und Sparverhalten:
Trotz der Niedrigzinsphase aufgrund der extrem expansiven Geldpolitik der EZB hat sich das Spar- und Anlageverhalten der deutschen Bevölkerung in den letzten Jahren kaum verändert. Die Sparquote liegt relativ konstant über 9 %, d. h. die deutschen Bürger legen mehr als 9 % ihres Einkommens regelmäßig für den zukünftigen Konsum zurück. Des Deutschen liebste Anlageformen bleiben nach wie vor die täglich fälligen Sichteinlagen, allen voran das Sparbuch und Girokonto. Auch wenn es dort kaum mehr Zinsen gibt, fühlen sich die meisten Sparer in diesen Investments am sichersten und wollen dort ihr erspartes Kapital weiterhin parken. Bei dieser hohen Risikoaversion ist es daher kaum verwunderlich, dass sich das Geldvermögen der Deutschen zum Großteil aus Bargeld und Bankeinlagen zusammensetzt.
Interessant beim Anlageverhalten der Deutschen ist die große Angst vor Negativzinsen für Bankeinlagen. Dabei liegt die reale Verzinsung – der Nominalzins abzüglich Inflation – schon längere Zeit im negativen Bereich. Diese Tatsache scheint den meisten Bürgern jedoch nicht sonderlich wichtig zu sein. Einer negativen Realverzinsung könnte zwar mit höheren Renditeerwartungen aus risikoreicheren Anlagen in Aktien oder Fonds entgegengewirkt werden, doch für rund zwei Drittel der Deutschen ist es laut einer GFK-Studie nicht vorstellbar, ein höheres Risiko für eine höhere Rendite einzugehen.
Baufinanzierung:
Durch die niedrigen Zinsen ist die Zinsbelastung für „Häuslebäuer“ gesunken und es ist verlockend, sich günstig zu verschulden. Doch die Deutschen reagieren besonnen, denn seit der Niedrigzinsphase ist zu erkennen, dass die Eigenheimbesitzer bei der Aufnahme eines Darlehens die Zinsersparnis nutzen, um eine höhere Tilgungsrate als in den Vorjahren anzusetzen.
Bei der gesamten Finanzierung hat sich in der Niedrigzinsphase der Trend ergeben, weniger Eigenkapital für den Kaufpreis einzusetzen und stattdessen den Fremdkapitalanteil zu erhöhen. Nach einer Studie der Interhyp ist der Eigenkapitalanteil bei einem Bau- oder Kaufvorhaben von 2010 bis 2017 um mehr als 2,5 % gesunken. Gleichzeitig ist im selben Zeitraum die Zahl der Baugenehmigungen von Wohnungen um 85,4 % angestiegen, in absoluten Zahlen ausgedrückt von 187.632 auf 347.882 Genehmigungen.
Blick über den Tellerrand – Europa:
Die Deutschen sind im Vergleich zu den EU-Nachbarländern relativ risikoavers in ihrem Anlageverhalten und liegen bei der Aktionärsquote mit 14 % auf den hinteren Plätzen. Im Gegensatz zu den Niederlanden, in denen fast jeder dritte Bürger im Alter von über 14 Jahren Aktien hält, hat in Deutschland nur rund jeder Siebte Aktien oder Aktienfonds in seinem Depot. Jedoch ist ein steigender Trend erkennbar, da sich die Zahl der direkten Aktionäre in Deutschland von 2014 bis 2017 um fast 800.000 erhöht hat.